1210 – 2010
JUBILÄUM 2010
800 Jahre Stadtpfarrkirche St. Jakob in Cham
Mit dem Start des Kirchenjahres am 1. Advent 2009 begann für die Stadtpfarrei Sankt Jakob ein Jahr des Feierns.
Die zentrale Kirche inmitten der Kreisstadt Cham wurde 800 Jahre alt. In einer Urkunde aus dem Jahre 1210 wird das Chamer Gotteshaus erstmals erwähnt.
Der 800. Geburtstag wurde über das ganze Jahr 2010 immer wieder gefeiert.
Von Herzogen und Hussiten über Lutheraner und Jesuiten
Stadtarchivar Timo Bullemer sprach am 29. September 2010 im Langhaussaal über die Stadt Cham in den 800 wechselvollen Jahren der Pfarrei St. Jakob
Der Stadtarchivar Timo Bullemer zeigte mit vielen interessanten Dias und einem spannenden und kurzweiligen Vortrag Historisches über Cham und seine Pfarrei St. Jakob. Die Pfarrei feierte 2010 ihr 800jähriges Bestehen, ein besonderer Anlass in die lange und bewegte Vergangenheit zurück zu blicken.
Die Originalurkunde, in welcher St. Jakob das erste Mal erwähnt ist, stammt aus dem Jahr 1210 und befindet sich heute im Bayerischen Hauptstadtarchiv in München. Es handelte sich um eine Schenkung an den Deutschen Orden. Der bayerische Herzog Ludwig der Kelheimer schenkte unter anderem die Georgskirche auf dem Galgenberg und die Kirche am neuen Markt Cham, die heutige Jakobskirche, dem Deutschorden in Regensburg.
Lange Jahre sahen die Chamer im Marienmünster in Chammünster ihre Pfarrkirche, manche Autoren vermuten sogar, dass noch in der ersten Hälfte des 15. Jahrhunderts der Pfarrsitz in Chammünster lag. Als die Hussiten das Marienmünster zerstörten, könnte das der Auslöser für die Verlegung in das sicherere Stadtgebiet gewesen sein.
Dekan und Bruder ertrunken
Ein tragisches Unglück kann auch für die Verlegung sprechen. Bullemer berichtet, dass die Bevölkerung und der Klerus im Jahr 1467 wie üblich an Christi Himmelfahrt von Cham nach Chammünster gegangen sind, um im Marienmünster um drei Uhr am Nachmittag die Non zu singen. Dekan Leonhard Stettner und sein Bruder Ulrich waren auf ihren Pferden unterwegs, als sie bei der Brücke in der Nähe der Quadfeldmühle in den hochwasserführenden Regen stürzten. Hilflos mussten mehr als 300 Menschen zusehen, wie beide ertranken. Allein der Pfarrsitz in der Stadt machte den Gang nach Chammünster notwendig.
Der Reformator Martin Luther hatte in seinen 95 Thesen unter anderem auch den Ablasshandel angeprangert. Solche Ablassbriefe sind auch im Stadtarchiv Cham zu finden. Die Ansichten Luthers stießen auch in der Chamer Gegend auf Zustimmung. In den Jahren um 1520 neigten bereits Mitglieder des Stadtmagistrats der neuen Lehre zu. Weil die Magistratsräte den Stadtpfarrprediger einsetzten, konnten sie Einfluss nehmen, wie in der Jakobkirche gepredigt wurde. Der vom Rat ausgesuchte Ulrich Waldturner wetterte bereits 1528 von der Kanzel gegen die Bilder- und Heiligenverehrung. Konflikte zwischen Dekan und Stadtpfarrprediger waren vorprogrammiert.
Ein großer Anhänger Luthers war ein anderer Chamer Prediger, Thomas Rorer. Er veröffentlichte sogar 1550 ein Buch, das seine religiöse Haltung unverkennbar zum Ausdruck brachte. Rechts zeigt es ein Porträt Luthers, links erwähnt er die Stadt Cham. Trotz positiver Haltung gegenüber demneuen Bekenntnis dauerte es noch bis zum Regierungsantritt von Kurfürsten Ottheinrich, bis 1556 das lutherische Bekenntnis eingeführt wurde. Jedoch als es darum ging, die geschnitzten Heiligenbilder wegzunehmen, die Gemälde in der Kirche schwarz zu übermalen und die Glasgemälde in den Kirchenfenstern zu vernichten und die Altäre bis auf einen einzureißen, gab es erhebliche Widerstände in der Bevölkerung.
In der damaligen Zeit war es üblich, dass je nach Religion des Herrschers auch die Untertanen diese annehmen mussten. Dieser Umstand zwang den Chamern innerhalb weniger Jahre mehrer Religionswechsel auf. Um 1621 begann die Phase des Simultaneums, das heißt, die Jakobskirche wurde gleichzeitig von den Lutheranern, den Calvinisten und den Jesuiten genutzt. Diese Phase hielt jedoch nur zwei Jahre an, danach war die Stadtpfarrkirche St. Jakob alleine den Jesuiten vorbehalten. Die beiden anderen Konfessionen mussten auf die Spitalkirche ausweichen.
Ab 1623 erhöhte Maximilian I den Druck auf die Bevölkerung, die katholische Religion anzunehmen. Wer von den Jesuiten nicht zu überzeugen war, musste mit Zwangseinquartierung von Soldaten rechnen und diese hungrige Meute auch versorgen. Ein unschlagbares Argument, den Jesuiten zu folgen. 1625 erhielt Maximilian I das einst verpfändete Gebiet rund um die Stadt Cham zurück und erließ noch im selben Jahr den Befehl, bis Ostern zum katholischen Glauben zurück zu kehren oder das Land zu verlassen.
Hunde und Katzen gegessen
Der 30-jährige Krieg beutelte die Bevölkerung. 1645 wurden bei Roding, Stamsried und Neubäu 19 alte Wölfe und 1645 drei alte Bären erlegt. Die Getreidepreise waren so unerschwinglich hoch, dass Hunde, Katzen, Eicheln, Wurzeln und Wildkräuter, ja eigentlich alles, was halbwegs genießbar war, gegessen wurde. Nachzulesen ist das im Zehentbuch des Dekanats.
Im Jahre 1657 wurde die gesamte Stadt von einem Brand schwer getroffen. Als Spätfolge stürzte 1701 der Turm der Stadtpfarrkirche ein und durchschlug das Gewölbe, dieses Unglück führte zum Neubau des Kirchenschiffs von 1701 bis 1704.
Laien wie die Ratsherren wirkten schon immer in der Verwaltung der Kirche und ihren Stiftungen mit. So ein bekannter Vertreter war auch Samuel Luckner, der Vater des französischen Marschalls Nikolaus Luckner. Er übte das Amt eines „Kürchen- und Spitall-Verwalters“ aus. Seine Grabtafel ist heute noch in der Pfarrkirche St. Jakob zu sehen.
Der neuerbaute Pfarrhof hatte in seiner langen Geschichte auch prominente Gäste. Der gesamte Hofstaat zusammen mit Kurfürst Max Josef, der Kurfürstin und ihre Geschwister, der Kronprinz Ludwig, der spätere König Ludwig I und der bekannte Minister Montgelas waren vor Napoleon und seinen Soldaten von München nach Cham geflohen. Aber der Kurfürstin war es nach drei Tagen in Cham so langweilig, dass der ganze Tross nach Amberg weiterreiste und dort die zeitweilige Residenz aufschlug.
Cham hatte bis 1901 einen Türmer. Er hatte seinen Arbeits- und Wohnsitz im Turm der Jakobkirche, der Türmerstube. Er stellte seine nächtliche Wachsamkeit unter Beweis, indem er alle Viertelstunde in sein Horn blies. Aber nicht alles Gute kam von oben, denn es ist bekannt, dass mancher Türmer polizeiwidrig den Inhalt der Nachttöpfe und anderen Unrat von hoch oben auf die Gasse und das Kirchendach goss.
Die Kirche war berühmt-berüchtigt für ihre barocken Altäre. Stadtpfarrer Johann Baptist Rädlinger (1846 bis 1853) war ein gebildeter Mann, in diesen Kreisen wurde der Barockstil vielfach abgelehnt. Rädlinger vertrat den neuromanischen Stil, der damals als modern und zeitgemäß empfunden wurde und sorgte für die neue Altargestaltung. Der „Alte Wust“ wurde im September 1851 auf dem Vorplatz des Pfarrhofes verkauft. Zum Glück, kann nur gesagt werden, denn so wurden manche wertvolle Gegenstände im Privatbesitz gerettet und erhalten, wie die Statue des Pilgerpatrons Jakobus.
Rädlinger gründete 1852 einen Gesellenverein nach dem Vorbild Kolpings. Das macht die Chamer Kolpingfamilie zu einer der ersten im süddeutschen Raum und zur ältesten im Diözesanverband Regensburg. Den Aufschwung der Kolpingfamilie in den kommenden Jahren erlebte er nicht mehr. Sein Nachfolger als Stadtpfarrer und Dekan wurde Josef Maria Ziegler, der sich in den 27 Jahren seiner Amtszeit große Verdienste erwarb. Es gehört die Niederlassung der Armen Schulschwestern in Cham dazu, die sich seit 1856 dem Schulunterricht für Mädchen widmeten. Diese Ära ging 2009 zu Ende. Auch die Einrichtung einer „Rettungsanstalt für arme, verwahrloste Kinder“ in Zusammenarbeit mit Chamer Bürgerinnen gehört dazu.
Die kleine Kapelle auf dem Kalvarienberg gehört ebenfalls zur Stadtpfarrkirche St. Jakob. In seiner 800-jährigen Geschichte erhielt St. Jakob immer wieder Stiftungen in Form von Geldmitteln, Grundstücken und Gebäuden um damit Messen, die Seelsorge, die Gottesdienste oder andere karitative oder schulische Zwecke erfüllen zu können. Dazu gehört auch das Gebäude Dausch’sches Benefinzim in den 1950er Jahren. 1892 wurde nebenan die evangelische Erlöserkirche gebaut. Man erzählt sich, dass der alte Benefiziat über den neuen Nachbarn gar nicht erfreut war. Um nicht ständig die „ketzerische“ Kirche sehen zu müssen, verrammelte er die zur Kirche gewandten Fenster mit Brettern. Bullemer betont, wie schön es ist, dass diese Zeiten vorbei sind und die Konfessionen heute einen ganz anderen Umgang miteinander pflegen.
Die Gottesdienste der damaligen Chamer Bevölkerung gingen nicht immer reibungslos vonstatten. In einem Leserbrief vom 27. März 1852 steht: „Seit neuern Zeit nimmt das Mitnehmen von Hunden in die hiesige Stadtpfarrkirche während der Gottesdienste überhand. Ist es nicht empörend für einen Andächtigen, wenn er ein solches Hundegebell während in der Kirche die heilige Messe stattfindet, anhören muss?“ Es war daher auch in Cham erforderlich einen Kirchenschweizer für die Ordnung und auch Platzsuche in der Kirche einzustellen, ganz wie in großen Domkirchen.
Nach der Predigt verhaftet
Eine Besonderheit Chams war die „Nachfronleichnamsprozession“ eine Woche nach Fronleichnam. Dabei hatten die Kaufleute und die von außerhalb kommenden Gläubigen auch Gelegenheit, Fronleichnamzu begehen. Die NS-Zeit hinterließ auch ihre Spuren, denn in dieser Zeit wurden die Predigten der Pfarrer sehr genau auf Staatsfeindlichkeit überprüft und einem Pfarrer drohte schnell Gefängnis, wenn er sich zu einer von der Regierung unerwünschten Predigt hinreisen ließ. Dies musste auch Stadtpfarrer Augustin Maierhofer erleben, der 1940 in Cham nach einem Gottesdienst verhaftet und zu einem Jahr Gefängnis verurteilt wurde.
Nach dem Vortrag dankte Pfarrer Dieter Zinecker dem Stadtarchivar für die interessanten Einblicke in die Vergangenheit und freute sich, dass sich so viele für die Geschichte der Stadt und der Stadtpfarrkirche interessiert hatten und der Einladung in den Langhaussaal gefolgt waren.
Bronze Gedenkplatte
Beim Patrozinium am 25. Juli 2010 wurde während des Festgottesdienstes von H.H. Diözesanbischof Prof. Dr. Gerhard-Ludwig Müller eine Bronzeplatte im Mittelgang der Stadtpfarrkirche gesegnet. Diese Platte soll an das Jubiläumsjahr erinnern.
Auf dieser Platte sind ein Jakobspilger, ein angedeuteter Jakobsweg und die Jakobsmuschel abgebildet. Außerdem wurde auf der Platte das Motto des Jubiläumsjahres verewigt.
Die eindrucksvolle Platte wurde vom Künstler Alfred Böschl aus Adlhausen gefertigt.
Jubiläums – Hostienschale
Für die 800-Jahr-Feier der Pfarrei St. Jakob hat Goldschmied Stefan Müller aus Bad Kötzting eine silberne Hostienschale gefertigt.
Die Hostienschale trägt den Schriftzug:
1210 – 2010 ♦ 800 Jahre ♦ St. Jakob
Das ganz Besondere ist die Jakobsmuschel, die die Schale ziert. Die Jakobsmuschel ist auch als das Symbol der Pilger, insbesondere derer vom Jakobsweg, bekannt.
Beim Eröffnungsgottesdienst hat Bischof em. Manfred Müller zum ersten Mal diese, extra für das Jubiläum angefertigte, einmalige Hostienschale verwendet.
Aktionen im Jubiläumsjahr
800 GUTE TATEN
Am 07.02.2010 wurde das Projekt „800 gute Taten“ gestartet. Ziel war es, für fünf verschiedene Ordensprojekte 800 Einzelspenden zu sammeln. Gemäß dem Motto des Jubiläumsjahres „Weg zum Leben“ sollte Menschen weltweit dieser Weg zum Leben durch 800 gute Taten aus Cham erleichtert werden.
Sie können nach wie vor an diese Aktion anknüpfen und eine Spende an die Pfarrei richten:
Konto 40 500 3385
BLZ 742 900 00
Volksbank Cham
Für alle bereits eingegangenen Spenden eine herzliches Vergelt’s Gott.
FOTOWETTBEWERB
Anlässlich des Jubiläumsjahres wurde ein Fotowettbewerb veranstaltet. Die besten Einsendungen wurden prämiert. Aufgrund der zahlreichen eingereichten schönen Bilder viel den Jurymitgliedern die Wahl nicht leicht. Daher wurden sogar zwei 2. Plätze vergeben. Die besten Bilder finden Sie hier:
1. Preis
Motto: „Engel“
Dieses Bild ist keine Fotomontage, sondern aus einer besonderen Perspektive fotografiert.
Das Bild stammt von Georg Schraml aus Pielenhofen.
2. Preis
Motto: Gottesschöpfung die Sonne „trifft“ mit dem von Menschen errichteten Bauwerk, der Kirche St. Jakob „zusammen“
Das Bild stammt von Gerhard Friedl aus Roding.
2. Preis
Motto: „Du hast es in der Hand“
Das Bild stammt von Jonas Müller aus Bielefeld.
3. Preis
Motto: „Jakobsturm als Spiegelbild im Wasser“
Das Bild stammt von Raimund Sebald aus Cham.
ERINNERUNGSSTÜCKE
Zur Erinnerung an das Jubiläumsjahr und die Feierlichkeiten konnten eine Reihe von verschiedenen Erinnerungsstücken erworben werden.
JUBILÄUMSMÜNZE
Für das Jubiläumsjahr 2010 wurde eine Jubiläumsmedaille angefertigt. Die Medaille zeigt die Innenansicht und die Außenansicht der Pfarrkirche St. Jakob. Jede Medaille hat einen Durchmesser von 35 mm. Die Medaille ist in Feinsilber 999/000 in feinster Handpatinierung geprägt.
JUBILÄUMSKERZE
Die Kerze zeigt ein Bild der Pfarrkirche vom Marktpatz aus und trägt neben dem Hinweis auf das 800-jährige Jubiläum auch das Jubiläumsmotto „Weg zum Leben“. Die Lichtersymbolik sei für den Februar im Kirchenjahr prägend, deshalb wurde die Kerze zu diesem Zeitpunkt präsentiert. Hergestellt hat die Kerze die Firma Beer in Waldmünchen. Die Gläubigen können sie als Erinnerung an das Jubiläum, aber auch als Osterkerze verwenden.
JUBILÄUMSTUCH
Wahre Schmuckstücke in Form von farbenprächtigen Tüchern hat die Chamer Behindertenwerkstätte auf Ansuchen unserer Pfarrei geschaffen. Dem Geschäftsführer der Gesamteinrichtung Behindertenwerkstätten Oberpfalz Betreuungs-GmbH, Herrn Michael Orthgieß, sei dafür, stellvertretend für seine 19 Künstler, herzlich gedankt! Die ca. 60 wetterfesten Tücher kamen zu besonderen kirchlichen Anlässen im Jubiläumsjahr gebührend zur Geltung und warten um an Fenstern oder Fassaden angebracht zu werden, ähnlich dem herkömmlichen Fronleichnams-Schmuck.