Geistlicher Impuls – Worte, mit denen Gott seine Geschichte erzählt
„Menschen sind die Worte, mit denen Gott seine Geschichte erzählt.“ (Edward Schillebeeckx)
Wie können wir auch morgen überzeugend als Christen leben? Oder mit Hubert Windisch gefragt: „Wird die Kirche so, wie sie bei uns geworden ist, im Kulturraum der Spätmoderne überleben können?“
Pastorale Konzepte und Pläne werden in Hülle und Fülle in unserem Land erstellt, aber weisen sie einen Weg in die Zukunft?
Bevor wir uns aber mit der Zukunft der Kirche befassen, sollten wir zwei Einsichten des großen Theologen und Kardinals Henri de Lubac beherzigen, veröffentlicht in seinem Aufsatz „Unsere Versuchungen hinsichtlich der Kirche“. Darin zählt de Lubac fünf Versuchungen für die Kirche auf, zwei in unserem Zusammenhang sehr wichtige, möchte ich aufgreifen.
Zunächst die Versuchung des Erfolgs. Lubac schreibt:
„Wo die Kirche im Spiel ist, lässt sich nicht von Fortschritt und Rückgang, Erfolg und Misserfolg reden, wie bei Dingen die der Zeit unterliegen. … Wir wollen doch nicht wieder anfangen, eine äußerlich triumphierende Kirche zu erträumen. Der Herr hat ihr keine blendenden, stetig wachsenden Erfolge verheißen.“
Es kann bei unseren Überlegungen nicht darum gehen, wie wir morgen die Zahl der Kirchenbesucher steigern können, es muss uns darum gehen, wie wir als Gemeinde überzeugend und glaubwürdig die Nachfolge Jesu leben können.
Ein weiter Punkt ist „Die Versuchung der Weisen“:
„Sowenig sie (Anm. d. Verf.: die Kirche) eine Gelehrtenakademie ist, sowenig ist sie auch ein Konventikel hochgeistiger Frommer oder eine Versammlung von Übermenschen. Sie ist sogar das reine Gegenteil. Hinkende, Krüppel, armselige Existenzen jeglicher Art wimmeln in ihr, und der große Haufen der Mittelmäßigen, die sich in ihr wohlfühlen, gibt den Ton an.“
Allen Kirchenträumen, allen romantischen Sehnsüchten nach der heilen Urgemeinde zum Trotz, unsere Kirche, unsere Gemeinden wird und werden nie nur aus „Musterchristen“ bestehen. Dies war nie so und wird nie so sein. Dies dürfen wir bei unserem Blick in die Zukunft nicht vergessen. Im Übrigen ist dies ja auch sehr beruhigend, denn dann ist ja auch für uns Platz in dieser Gemeinde von Morgen.
„… denn ich will euch eine Zukunft und eine Hoffnung geben.“ (Jer 29,11)
Patentrezepte, großangelegte pastorale Pläne kann und möchte ich nicht entwickeln, noch dazu ich von deren Nützlichkeit oft nicht sehr überzeugt bin. In den folgenden Zeilen will ich vielmehr auf zwei Grundhaltungen, Einstellungen hinweisen, von denen ich meine, dass nur sie uns weiterhelfen, denn sie sind Gott verwurzelt, auf Gott ausgerichtet, der allein seinem Volk eine Zukunft geben kann und geben wird.
Leben aus Gott
Was wäre in unserer Kirche nicht alles zu ändern! Lang und breit lässt sich darüber diskutieren. Und viele wissen scheinbar haargenau, was zu ändern wäre, um die Kirche wieder „attraktiver“ für die Menschen zu machen. Manche Dinge können wir aber jetzt nicht ändern, davon allein hängt freilich auch das Morgen des Glaubens nicht ab. Viel wesentlicher für die Weitergabe des Glaubens ist es, dass wir uns darauf besinnen, warum wir dieser Kirche angehören, warum wir glauben.
Die meisten von uns sind in diese Kirche hineingeboren worden, als Säuglinge von ihren Eltern zur Taufe gebracht worden. Sollte dies jedoch der alleinige Grund sein, warum wir der Kirche „angehören“, wäre dies ein denkbar schlechter Grund. Für den Glauben, der immer auch von außen an uns herangetragen wird, – Joseph Ratzinger meint sogar dass dies dem Glauben wesentlich ist,
„dass er von außen zukommt. Er ist … das mir Gesagte, das mich als das nicht Ausgedachte und nicht Ausdenkbare trifft, ruft, und in Verpflichtung nimmt.“5 – bedarf es deshalb – damit dieser Glaube auch über-zeugen kann, einer persönlichen Entscheidung. „Ja, ich glaube!“ Bedarf es weiter der ureigenen Erfahrung, dass Gott mich gerufen hat, dass ich sein geliebtes Kind bin und ich darum zum Volk Gottes, zur Kirche gehören darf. Nur aus einer solchen Grunderfahrung und -überzeugung heraus, kann ich wirklich glauben.
Nicht wenige gehörten in früheren Zeiten der Kirche an, weil es so von ihnen erwartet wurde, weil sie sich dem sozialen Druck nicht aussetzen wollten, wenn sie sich gegen die Institution „Kirche“ entschieden. Dies ist heute –zumindest in unserem Land- wohl kein Grund mehr, der Kirche anzugehören und dies ist auch gut so. Viele Menschen aber in unserem Land sind auf der Suche nach Gott, auch der Suche nach etwas, was ihrem Leben Sinn und Halt geben kann. Und auf dem Markt der religiösen Möglichkeiten, aber auch der „Unmöglichkeiten“ wird einiges angeboten, um diese Sehnsucht zu stillen. Asiatische Meditationsformen, indische Gurus und vieles mehr geben Menschen das, was sie suchen. Dies müssen wir respektieren. Aber warum entwickeln viele dieser religiösen Angebote solch große Attraktivität, im Gegensatz zu uns, zu unserer Kirche?
Ich denke, es fehlt uns an Überzeugungskraft. Dabei denke ich jetzt nicht daran, dass wir uns demnächst an irgendwelche Straßenecken stellen sollten, um Flugblätter zu verteilen oder erbauende Liedchen zu trällern.
Ich bin aber davon überzeugt, dass in unserem Alltag als Christen etwas Entscheidendes fehlt:
Paulus sagte zu den Athenern auf dem Areopag: Dass keinem Menschen Gott fern ist. „Denn in ihm leben wir, bewegen wir uns und sind wir…“ (Apg 17,18). Leben wir in und aus Gott? Vertrauen wir in unserem Leben auf ihn, rechnen wir mit seiner Gegenwart. Wo kommt denn Gott in unserem Alltag vor?
Genau darauf kommt jedoch es an, dass wir auf ihn unser Leben bauen und dies andere spüren und erkennen können. Und darauf kommt es an, dass andere wahrnehmen, da sind Menschen, die nicht einfach gewohnheitsmäßig den Sonntagsgottesdienst absolvieren, Menschen, die nicht irgendwelche realitätsferne Regeln einhalten, sondern dass da Menschen sind, die aus ihrem Glauben heraus ihr Leben gestalten, die ihr Leben auf den Gott bauen, von dem sie glauben, dass er in seinem Sohn Jesus Christus in unüberbietbarer Weise ihnen nahe gekommen ist, dass dieser Gott sie durch das Leben und Sterben seines Sohnes befreit hat aus Sünde und Tod und die darum unter der Führung des Geistes Gottes ihre Wege gehen, um an das Ziel ihres Lebens zu gelangen: in den Armen Gottes geborgen zu sein, wo es keine Trauer, noch Not, noch Leiden oder Tränen mehr gibt. Und weil dies ihre Hoffnung ihr Ziel ist, können Glaubende sich auf dieser Erde nicht abfinden mit Ungerechtigkeit, Terror und Krieg. Können sie sich nicht damit abfinden, dass menschliches Leben mit Füßen getreten wird.
Reden von Gott
Dieses Leben in und aus Gott, dieses Leben im Vertrauen auf Gott müssen wir freilich auch zur Sprache bringen. Doch in Bezug auf unseren Glauben sind wir nur allzu oft sprachlos. Über alles möglich reden wir, für alles mögliche stehen wir ein, aber über das, was wir glauben, sprechen wir nicht und bezeugen es nur selten. Doch damit unser Gott Gehör finden kann in unserer Welt, müssen wir von ihm sprechen. Müssen wir die Welt mit unserem Glauben konfrontieren, damit sie Stellung nehmen kann. Das darf aber nicht mit unnützem Geplapper verwechselt werden, mit frommen Gesäusel, dass obendrein noch ganz genau weiß, was Gott will und deshalb auch genau weiß, was die anderen zu tun oder zu lassen haben. Dann ist es wahrscheinlich sogar besser zu schweigen, also Gott in Verruf zu bringen. Jedoch:
„Seid stets bereit, jedem Rede und Antwort zu stehen, der nach der Hoffnung fragt, die euch erfüllt…“ (1 Petr 3,15)
Dies allein muss Sinn unserer Rede von Gott sein, einer Rede, die die Welt braucht, denn die Hoffnung, die uns erfüllt, ist die Hoffnung der ganzen Welt.
Diese Rede muss aber gerade darum verantwortete Rede sein. Ver-antwortet: in dem wir uns auch Rechenschaft ablegen müssen über unseren Glauben. Nicht jeder Hokuspokus, der sich katholisch gebiert, taugt für eine solche verantwortete Rede. Denn es kommt ja darauf an durch dieses Reden, das vom eigenen Leben gedeckt ist, andere zum Glauben zu führen, andere auf Jesus Christus zu verweisen. Um diese verantwortete Rede müssen wir uns aber mühen. Zum Glauben gehört auch unabdingbar Wissen. Gleich welcher Art unsere Glaubenserfahrungen sind, wir müssen sie reflektieren, um verantwortbar darüber zu sprechen und Zeugnis abzulegen. Und so ist zu glauben auch „geistig“ mühevoll, denn es bedarf immer wieder der ernsthaften Beschäftigung mit diesem unserem Glauben. Wir sehen ein, dass in Technik und Naturwissenschaft sich seit unserer Schulzeit einiges verändert hat und bemühen uns auch uns darüber zu informieren. Wie viele Ältere gibt es, die inzwischen perfekt die neuen Informationstechnologien beherrschen. In Glaubensdingen ist es leider oft gänzlich anders. Wie oft hört man noch irgendwelche Kamellen von gestern, die niemand mehr ernsthaft in der Kirche vertritt. Wie viele beschäftigen sich immer wieder neu mit Heiliger Schrift und Glaubenslehre, und versuchen hinzuzulernen?
„Siehe, das Lamm Gottes“ (Joh 1, 36)
Der Johannesevangelist schildert uns die Berufung der ersten Jünger so:
„Tags darauf stand Johannes abermals da und zwei von seinen Jüngern. Und auf Jesus hinblickend, der des Weges kam, sagte er: Siehe, das Lamm Gottes! Und es hörten die beiden Jünger ihn reden, und sie folgten Jesus. Als aber Jesus sich wandte und sie folgen sah, sagte er zu ihnen: „Was sucht ihr? Sie sprachen zu ihm: Rabbi – was übersetzt: Lehrer bedeutet – wo ist deine Bleibe? Sagt er zu ihnen: Kommt, so seht ihr. Sie gingen also und sahen, wo seine Bleibe war. Und sie blieben jenen Tag bei ihm. Es war um die zehnte Stunde. Andreas, der Bruder des Simon Petrus, war einer von den beiden, die es von Johannes gehört hatten und ihm gefolgt waren. Der findet zuerst Simon, seinen eigenen Bruder, und sagt zu ihm: Den Gesalbten – was übersetzt: Messias bedeutet -, den haben wir gefunden. Er führte ihn zu Jesus. Jesus blickte ihn an und sprach: Du bist Simon, der Sohn des Johannes. Du sollst Kephas – übersetzt: Petrus – genannt werden.“
(Joh 1, 35-42, in der Übersetzung von Fridolin Stier)
Die beiden Jünger, von denen uns der Evangelist erzählt, werden durch Johannes den Täufer auf Jesus verwiesen, der Glaube kommt also auf sie von außen zu. Und sie folgen – wohl zunächst eher im Sinne eines Nachgehens – Jesus und er, er lädt sie ein bei ihnen zu bleiben. Bleiben – eine der wichtigen Vokabeln des Johannesevangeliums. Es meint nicht nur irgendeinen Aufenthaltsort, eine Bleibe, es meint eine tiefe Gemeinschaft mit Jesus Christus. „Bleibt in mir und ich bleibe in euch“ (15,4), so fordert Jesus seine Jünger in den Abschiedsreden auf. Sie haben also in dieser Bleibe Jesu, nicht eine Unterkunft entdeckt, sondern den Messias, ihren Erlöser und Heiland. Sie haben sich nun zu dem, auf den sie verwiesen worden sind, bekannt. Und dies war so entscheidend für ihr Leben, dass der Evangelist sogar die Stunde dieser Begegnung, dieser Lebenswende festhält. Diese Stunde (16 Uhr) ist der Beginn der Vorabendzeit. Ulrich Wilckens schreibt: „In apokalyptischer Sicht ist dies die ,Weltstunde‘ der beginnenden Ereignisse der messianischen Zeit… Wo Menschen sehen dürfen, „wo Jesus bleibt“, da ist die Endzeit angebrochen.“ Aber was ihnen da in dieser Stunde geschehen ist, was sie erfahren durften und glaubend erkannten, können sie nicht für sich behalten, sie müssen es weitererzählen, sie müssen andere zum Messias führen. Und so versucht Andreas von seinem Glauben, von seiner Hoffnung andere zu überzeugen. Den ersten, den er trifft, seinen Bruder Simon, den will er auch zum Messias führen. Und auch Simon, geführt durch Andreas, findet seinen Herrn und Erlöser.
Andreas führt seinen Bruder Simon zu Jesus, so wie er zuvor vom Täufer zu Jesus geführt wurde.
Glaube ist sicher zuerst ein Dialog zwischen Gott und Mensch, sein Wort, das den Menschen unmittelbar trifft und Antwort verlangt. Die Möglichkeit aber, in diesen Dialog mit Gott einzutreten, wird vornehmlich eröffnet durch eine interpersonale (zwischenmenschliche) Vermittlung, d. h., dass das mir von Menschen gesagte und durch ihr Leben bezeugte Bekenntnis für meinen Glauben auch konstitutiv ist.
Wir wurden zum Glauben an Jesus Christus geführt zumeist durch das Zeugnis von unseren Eltern, von Priestern und Lehrern. Auf diese Hinführung zum Glauben waren wir aufgefordert zu antworten: „Ja, ich glaube!“ Und darum ist es an uns, wie es an Andreas war, andere auf Jesus Christus zu verweisen. Nicht durch große Aktionen etc., sondern durch unser Leben und Bekenntnis.
Dieses „Modell“ der Hinführung zum Glauben wird uns nicht nur in der Schrift bezeugt, auch viele Gestalten der Kirchengeschichte können uns dafür Beispiel sein. Eine exemplarische Gestalt dafür ist sicher Edith Stein.
„Herr, ist es möglich, dass einer neu geboren wird, der schon des Lebens Mitte überschritt?“ (Edith Stein)
Edith Stein wurde am 12. Oktober 1891 in Breslau als jüngstes Kind einer jüdischen Familie geboren. Früh, so sagt sie selbst, hat sie den Glauben verloren. Die Hochbegabte wird Schülerin des bedeutenden Philosophen Edmund Husserl in Göttingen. Dort setzt sie sich für Frauenwahlrecht ein, verpflichtet sich während des Ersten Weltkriegs als Lazarettschwester und entwickelte sich zur Musterschülerin Husserls. Sie wurde mit der besten Note zum Doktor der Philosophie promoviert, wurde Assistentin Husserls, doch eine höhere akademische Laufbahn blieb ihr als Jüdin verwehrt. Im Sommer 1921 fällt Edith Stein im Hause ihrer Freundin Hedwig Conrad-Martius in Bad Bergzabern die Selbstbiographie der hl. Teresa von Avila in die Hände, sie liest diese in einer Nacht und wird Christin, so das Bild, das gern von ihrer Bekehrung gezeichnet wird. Doch waren es vor allem Begegnungen, die sie zum christlichen Glauben führten, die Selbstbiographie der hl. Teresa war sozusagen die letzte Entscheidungshilfe um sich in die katholische Kirche aufnehmen zu lassen.
Entscheidend war sicher die Begegnung mit ihrem Lehrer Edmund Husserl und seiner Philosophie, auf die hier nicht der Ort ist näher einzugehen. Doch sei Beate Beckmann zitiert: „Innerhalb der Phänomenologischen Bewegung ging es darum, Gegenstände oder Sachverhalte als Phänomene in der Form von Erlebnissen im Bereich des Bewusstseins zu beschreiben, zu analysieren, zu klären und in ihrem Wesen zu schauen. Dass die phänomenologische Methode für einige Philosophen Anlass zur existenziellen religiösen Bekehrung war, scheint darauf hinzuweisen, dass hier eine Öffnung für religiöse Erlebnisse durch ein bestimmtes Denktraining erfolgt ist.“ Anzumerken ist jedoch, dass viele Schüler und Schülerinnen über die Phänomenologie zum Christentum kamen.
Im Juli 1916, so berichtet uns Edith Stein selbst, weilte sie in Frankfurt am Main. Mehr als die Goethe-Erinnerungsstätten am Römerberg und am Hirschgraben, so schreibt Maria Amata Neyer, beeindruckte sie ein Erlebnis im Kaiserdom. „In das menschenleere Gotteshaus kam eine Marktfrau und kniete still in einer Bank nieder. Das hat Edith Stein nie vergessen; in den Synagogen und protestantischen Kirchen hatte sie Beter nur beim Gottesdienst erlebt. Hier aber kam jemand in die leere Kirche – >>wie zu einem vertrauten Gespräch<<.“ Edith Stein nahm vielleicht durch diese Begegnung zum ersten Mal wahr, dass der Glaube eine Beziehung zu einem persönlichen Gegenüber ist. Das dieses „persönliche Gegenüber“ Sinn und Kraft schenken kann, erfuhr Edith Stein ein Jahr später. 1917 fiel Adolf Reinach, Kommilitone und Freund Ediths, in Flandern. Sie wurde aufgefordert den wissenschaftlichen Nachlass Reinachs zu ordnen. Edith Stein fürchtete sich vor der Begegnung mit Anna Reinach, der Witwe. Was sollte sie ihr zum Trost sagen. Wie überwältigt war jedoch Edith Stein, als Frau Reinach dann vielmehr ihr Trost spendete. Kurz vor ihrem Tod erzählte sie in Karmel Echt Professor Hirschmann SJ, „Dass der entscheidende Anlass zu ihrer Konversion zum Christentum die Art und Weise war, wie die ihr befreundete Frau Reinach in der Kraft des Kreuzesgeheimnisses das Opfer brachte, das ihr durch den Tod ihres Mannes an der Front des Ersten Weltkrieges auferlegt war.“
Die Tür zum Glauben öffneten Edith Stein Begegnungen mit Menschen. Der Glaube wurde durch Menschen wie Anna Reinach und die Frankfurter Marktfrau für Edith Stein erfahrbar. Es kann Udo Theodor Manshausen nur zugestimmt werden, der in seiner Studie „Die Biographie der Edith Stein. Beispiel einer Mystagogie“, zu dem Schluss kam:
„Als bedeutungsvoll kann die Tatsache angesehen werden, dass Edith Stein nicht durch das schlussfolgernde Denken des Intellekts auf die `Wahrheit` gestoßen ist, sondern vornehmlich durch menschliches Zeugnis.“
Und so wurde sie selbst zu einem Menschen, der andere zum Glauben führte: als Lehrerin in Speyer, als Dozentin in München und als Ordensschwester. Ja bis hin ins Vernichtungslager Auschwitz, wo sie wahrscheinlich am 9. August 1942 vergast wurde, legte sie Zeugnis ab von ihrem Glauben.
„Menschen sind die Worte, mit denen Gott seine Geschichte erzählt.“ (Edward Schillebeeckx)
Am Beginn des 3. Jahrtausends und der Glaube scheint immer mehr zu verblassen. Aber wir können trotzdem getrost als Gemeinde ins Morgen gehen, wenn es uns wieder besser gelingt den Glauben für andere Menschen erfahrbar zu machen. Und zwar durch unser Lebenszeugnis im Alltag. Andreas wurde von Johannes dem Täufer auf Jesus verwiesen und führte dann selbst Simon zu Jesus. Edith Stein bezeugten Menschen im Alltag (zum Teil unbewusst wie die Marktfrau) den Glauben. So führten Glaubende seit den Anfängen der Kirche Menschen zu ihrem Herrn und Erlöser und nur so werden auch wir Menschen für Christus gewinnen können.
Keine großartigen Erkenntnisse, gewiss, aber wir müssen uns auf sie wieder besinnen und alles andere dürfen wir getrost Gott überlassen. Denn:
„Gott, der euch beruft, ist treu; er wird es tun.“ (1 Thess 5,24)