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Sie nimmt stets einen herausgehobenen Platz in der Stadtpfarrkirche ein: Unmittelbar beim Volksaltar oder nahe dem Taufbecken, je nach Anlass und zeitlichem Fortgang im Kirchenjahr. Ihr Licht vermittelt das Gefühl von Ruhe und Wärme. Einmal im Jahr wird sie vor aller Augen neu ins Dasein gehoben – und dann schlägt ihre größte Stunde: In der Liturgie der Osternacht. Die Rede ist natürlich … von der Osterkerze, die eine einzigartige Symbolik in sich trägt und den ältesten Schriftzeugnissen zufolge bereits aus dem 4. Jahrhundert stammt.

Dementsprechend wird sie in der Pfarrei St. Jakob jedes Jahr – rechtzeitig vor Ostern – nach Form und Farbgebung mit liebevollem Bedacht ausgewählt und ihr späterer Umgang unterliegt größtmöglicher Sorgfalt.

Ihre „Geburtsstunde“ ist gleich am Beginn der nächtlichen Liturgie, bei der sie am Osterfeuer, draußen vor der Kirche, bereitet, geweiht und entzündet wird. „Bereitet“ meint dabei, dass sie mit den (seit dem 9. Jahrhundert) üblichen Symbolen Kreuz, Jahreszahl, sowie „Alpha“ und „Omega“ (dem ersten und dem letzten Buchstaben des griechischen Alphabets) geschmückt wird, es sei denn, sie wird schon in diesem vorgefertigten Zustand erworben. In St. Jakob ist letzteres der Brauch, so dass nur noch eines zu vollziehen ist: Fünf Weihrauchkörner werden in feierlichem Zeremoniell in die Endpunkte der Kreuzesarme und in deren Schnittpunkt gelegt und mit roten Wachsnägeln (als Symbole für die Wundmale Christi) verschlossen.

Maximale Bedeutung kommt hier den vom Priester zu sprechenden Worten zu: „Christus gestern und heute, Anfang und Ende, Alpha und Omega. Sein ist die Zeit und die Ewigkeit. Sein ist die Macht und in die Herrlichkeit in alle Ewigkeit. Amen. – Durch seine heiligen Wunden, die leuchten in Herrlichkeit, behüte uns und bewahre uns Christus der Herr, Amen.“

Nunmehr entzündet der Zelebrant die derart geschmückte Osterkerze an dem zuvor gesegneten Feuer und verkündet die zentrale Botschaft: „Christus ist glorreich auferstanden vom Tod. Sein Licht vertreibe das Dunkel der Herzen.“

Unter dem dreimaligen Liedruf „Lumen Christi!“ (Christus, das Licht!) – und der jeweiligen Antwort der Gläubigen „Deo Gratias“ (Dank sei Gott) – trägt der Priester, begleitet vom Liturgischen Dienst, nun die Osterkerze durch das Dunkel der Kirche. Die Prozession hinter der Kerze symbolisiert zweierlei: Die Feuersäule, hinter der das Volk Israel aus der Knechtschaft durch die Wüste und das Rote Meer hindurch zog, und die Erinnerung an das Wort Christi aus dem Johannes-Evangelium: „Ich bin das Licht der Welt. Wer mir nachfolgt, wird (…) das Licht des Lebens haben“.

Doch damit nicht genug: Nochmalige Verehrung erfährt „das Licht“ gleich nach Lichtfeier und Prozession: Im hymnenartigen Osterlob, dem österlichen Lobgesang schlechthin. Hier wird sowohl das Ostergeheimnis, der Sieg des Lebens über den Tod, mit Hochgesang gepriesen als auch die Osterkerze als „festliche Gabe“ der Kirche und „lieblich duftendes Opfer“; „Sie leuchte bis der Morgenstern erscheint, jener wahre Morgenstern, der in Ewigkeit nicht untergeht: Dein Sohn (…) “. So wird deutlich, dass sich die Funktion der Osterkerze als Lichtspenderin mit derjenigen der Transparenz für den auferstandenen und wiederkommenden Herrn verbindet.

Das neu entzündete Licht wird umgehend weitergegeben an alle Mitfeiernden, denn das Licht und die Wärme Christi sollen auch die Herzen der Gläubigen entfachen, zudem erinnern an die eigene Taufe und den Auftrag, als „Kinder des Lichts“ zu leben.

Der Leuchter mit der Osterkerze bleibt während der 50-tägigen Osterzeit an bester Stelle am Volksaltar der Pfarrkirche, danach nahe beim Taufbecken. Bei jeder Tauffeier entzündet man an ihr die Taufkerze, bzw. bei Trauungen die Kerze der Feiernden. Auch bei Begräbnismessen leuchtet sie hell: Im Zeichen des auferstandenen Christus’ wird der Tod vor dem Leben und die Finsternis vor dem Licht weichen.

Die Osterkerze, die in der kommenden Osternachtfeier von Stadtpfarrer Dieter Zinecker „ins Leben gerufen“ wird (bedauerlicherweise unter Ausschluss der Öffentlichkeit), hat also eine große Aufgabe!

Im Bild:
Bild 1: Ihr gehörte bisher der Platz am Altar: Der Osterkerze aus der Osternacht des vergangenen Jahres.
Bild 2: Die Osterkerze, die ab kommenden Sonntagmorgen Licht in die Dunkelheit bringen wird.